Auf a Wort im Achental mit Bärbel Schmalfuß: “Uns ist Natur sehr wichtig. Auch die Naturverbundenheit der Kinder weiterhin zu prägen und zu fördern.”
Die gebürtige Münchnerin Bärbel Schmalfuß ist Konrektorin an der Grundschule in Schleching. Sie hat Grundschulamt mit Hauptfach Sport studiert, da sie schon als Jugendliche sehr gerne mit Kindern gearbeitet hat. Seit 1990 wirkt sie an der Grundschule in Schleching. Aktuell hat die Grundschule in Schleching 68 Schülerinnen und Schüler, was erfreulicherweise eher viel ist. Lange Jahre gab es bei weniger Kindern kombinierte Klassen aus zwei Jahrgangsstufen.
Bärbel Schmalfuß ist Mutter zweier erwachsener Töchter, hat sieben Jahre Kinderpause gemacht und ist danach wieder in den Schuldienst zurückgekehrt. Ihre Leidenschaft ist privat wie beruflich der Sport.
Dieses Interview gibt es auch als Podcast zum Anhören:
Das Achental steht für „Eins mit der Natur“. Wie lebt die Grundschule dieses Motto im Alltag? Gibt es besondere Rituale oder Aktivitäten mit den Kindern?
Uns ist Natur sehr wichtig. Auch die Naturverbundenheit, die bei den Kindern durchaus da ist, weiterhin zu prägen und zu fördern und andere mitzureißen. Darum sind wir hier, wie andere Schulen aus der Region, an Wandertagen viel in der Gegend unterwegs. Wir sind auch mit vielen Vereinen in Projekten vernetzt, bei denen wir immer den Weg nach draußen suchen. Wir haben einen Schulgarten, bzw. ein Kräuterbeet, was die Schülerinnen und Schüler sehr interessiert. Wir besuchen aber auch sehr gerne Lernorte außerhalb unseres Schulhauses, was bei uns wesentlich einfacher ist als in der Stadt.
Welche Ausflüge machen Sie mit den Kindern besonders gern? Gibt es vielleicht Ziele, die auch für Familien mit Urlaubskindern ein schöner Tipp wären?
Wir hatten vor vielen Jahren einmal ein Projekt, bei dem wir für die Tourist Info in Schleching eine Auflistung erstellt haben mit Lieblingsorten unserer Kinder. Da muss man gar nicht so hoch greifen, das ist oft so was wie ein kleines Bacherl oder ein kleines Geheimversteck an einem kleinen Weiher, den wir als Lehrerin oft noch gar nicht wahrgenommen haben. Damals haben wir eine kleine Kartei für Gästekinder erstellt, die schöne Lieblingsplätze unserer Kinder aufgelistet und gezeigt hat, wie die Kinder umherstreifen und ihre Natur entdecken und erleben.
Wir gehen an Wandertagen gerne auf eine Alm, z.B. auf die Weitwiesalm oder die Blasialm. Die sind von unserer Schule nicht weit entfernt und für jedes Kind machbar. Die Kinder können dort nach einer Brotzeit wunderbar spielen und sich beschäftigen. Wir sind nur mehr stille Beobachter, bis wir zum Aufbruch blasen. Die Kinder sind an diesen Tagen vollauf zufrieden, ohne Streit und zusätzliche Beschäftigung. Für so einen Ausflug reicht ein Schulvormittag.
Sie besuchen mit den Kindern auch Persönlichkeiten aus der Region, zum Beispiel den Künstler Andreas Kuhnlein in Unterwössen. Was nehmen die Schülerinnen und Schüler von solchen Begegnungen mit und was können auch Gäste daraus für sich entdecken?
Die originale Begegnung mit Künstlern ist für die Kinder immer ein besonderes Erlebnis. Natürlich kommt im Kunstunterricht auch vor, dass man über Künstler und deren Kunst spricht, sie betrachtet und versucht, gewisse Dinge nachzuahmen. Aber einen Künstler persönlich zu erleben ist wieder etwas ganz anderes und für uns auch eine wertvolle Erfahrung, die wir mit den Kindern machen. Wir haben auch mit dem Kunstverein Traunstein kooperiert, die uns in ihr Projekt „Kunst in der Tiefgarage“ einbezogen haben. Sie kamen direkt zu uns an die Schule, haben vor Ort mit den Kindern an verschiedenen Stationen Werke entstehen lassen, die heute noch in der Tiefgarage in Traunstein hängen. Es ist für die Kinder ein großes Erlebnis, mit Künstlern Kunst entstehen zu lassen, und ihre Werke hängen dann dort in Traunstein. Außerdem waren z.B. die lokalen Künstler Lars Hönigl und Rainer Schöniger bei uns an der Schule zu Gast, und wir gehen auch mit den Kindern in Museen in der Region, nach Salzburg und nach München. Aber die originale Begegnung mit den Künstlern bleibt für die Kinder das spannendste Erlebnis.
Schule ist ja nicht nur Unterricht, sondern auch ein Teil des Dorflebens. Mit vielen Vereinen oder Projekten arbeiten Sie zusammen, damit Kinder die Region mit all ihren Facetten kennenlernen. Was bedeutet Ihnen generell die Zusammenarbeit mit den Vereinen und warum ist das so wichtig?
Das sind Experten für die Kinder auf anderer Ebene. Es ist von hohem Wert, wenn man nicht nur von einer Stelle Wissen erfährt, sondern von Experten vor Ort etwas lernt. So wird Wissen erlebbar und bleibt besser hängen. Es ist wichtig für die Kinder, etwas von den Menschen draußen zu lernen. Auch ich erfahre immer wieder etwas Neues, was ich dann weitergeben kann. Es ist immer wieder ein Erlebnis, mit welcher Begeisterung die Menschen von ihrem Fachgebiet erzählen. Es zeichnet Schleching aus, wie sehr die Menschen hier zusammenhalten und sich engagieren. Alle, die wir bisher angesprochen haben, haben uns sehr gerne eingeladen und arbeiten sehr gerne mit den Kindern.
Zum Schluss noch eine persönliche Empfehlung: Welche drei Naturerlebnisse im Achental würden Sie Familien ans Herz legen, die unsere Region auf eigene Faust erkunden wollen?
In jedem Fall den Schmugglerweg von Schleching aus mit den beiden Hängebrücken. Ich mag die nahegelegenen Almen wie die Weitwiesalm, die Blasialm, die Hainzenalm und die Dalsenalmen. Und unbedingt die Almenwelt hier in der Tourist Info im Alten Bad. Die ist immer einen Ausflug wert.
Was bedeutet für Sie Heimat?
Heimat ist für mich nicht unbedingt der Geburtsort, obwohl ich auch gerne in München bin. Mir gefällt es sehr, wenn ich viel Natur um mich habe. Nachdem ich nun so viele Jahre schon hier lebe mit meinem Mann und meinen beiden Töchtern, ist das Achental zu meiner Heimat geworden. Das liegt nicht an dem Ort, sondern an der Umgebung. Hier eingebettet zu sein von den Bergen, die Sanftheit dieser Natur, die Ache und die Wiesen, das finde ich einfach schön.
Was ist für Sie „Typisch Achental“?
Typisch Achental ist für mich, dass jeder jeden grüßt und man sehr viele Menschen tatsächlich kennt. Dieses Grüßen hier war für mich von Anfang an sehr besonders.
Wo ist Ihr Lieblingsplatz im Achental und warum?
Ganz ehrlich habe ich keinen Lieblingsplatz hier. Ich bin immer zufrieden und froh, wenn ich draußen sein kann. Draußen sein zu können, ist für mich immer sehr wichtig. Wenn es um eine Alm geht, dann ist es die Rachlalm, die von uns aus am schnellsten zu erreichen ist.
Welches ist Ihr liebster Brauch oder Ihre liebste Tradition?
Meine liebste Tradition ist unser gemeinsames Weihnachtsessen und unsere gemeinsame Weihnachtsfeier bei uns zuhause in Marquartstein, wenn die ganze Familie zusammenkommt.
Was ist ein perfekter Tag für Sie im Achental?
Ich mag den Begriff ‚perfekter Tag‘ nicht. Perfektion hat für mich etwas mit Stress oder Burnout zu tun. Ein schöner Tag ist für mich, wenn ich in der Schule merke, die Kinder sind stolz, dass sie etwas gelernt haben und gerne miteinander umgehen. Wenn ich dann heimkomme und nach der Arbeit noch Zeit habe für meine Familie und meinen Sport, dann ist es für mich ein schöner Tag.
Welches ist Ihr bayerisches Lieblingswort? Und was bedeutet es?
Das ist ‚Gschieß‘. „Mach doch koa Gschieß“ – also nicht viel Aufhebens um eine Sache machen. Das ist so prägnant und kurz. Jeder weiß, was damit gemeint ist.
Es kommt angeblich aus dem Lateinischen.
Kurze Fragen zu Kulinarik in Bayern:
Bosna oder Weißwurst?
Weißwurst, weil ich den süßen Senf so gern mag. Und der
schmeckt ohne Weißwurst nicht.
Leberknödel oder Spinatknödel? Beides, aber nicht gleichzeitig.
Schweinsbraten oder Chiemseerenke? Schweinsbraten
Berggehen oder Bergradeln? Lieber Berggehen
Berggipfel oder Bergsee? Berggipfel
Alpinski oder Nordicski?
Ich komme eigentlich vom Alpinski, da ich früher als Skilehrerin in der Skischule meines Mannes tätig war. Ich liebe aber mittlerweile Nordic Ski, da vor allem das Skaten. Dabei finde ich Ruhe, Alpin Ski ist mir mittlerweile zu hektisch.
Was ist Ihr Lebensmotto?
Das Leben ist wie eine Pralinenschachtel. Man weiß nie, was als Nächstes kommt. So habe ich gelernt, mein Leben zu gestalten, es als Herausforderung zu nehmen und das Beste daraus zu machen.