Auf a Wort im Achental mit Denis Wischnewski: “Ich kann vom Schreibtisch sofort loslaufen – diese Region bietet so viel für uns Sportler.”
Denis Wischniewski ist Ultraläufer, Journalist und Gründer der Medienmarke Trail Magazin. Er lebt in Unterwössen und trainiert viel im Achental. Seine sportliche Laufbahn begann schon mit 14 Jahren als Rennradfahrer.
Seit 2007 ist seine Disziplin der Trailrunning Sport. Seitdem hat er an zahlreichen Ausdauerevents teilgenommen.
Im Sommer 2016 lief Denis in 41 Etappen von München bis an die türkische Grenze – ein Lauf über 2.100 Kilometer, der im Buch und Film Einen Sommer lang dokumentiert wurde. Im Mai 2025 ist Denis mit #CrossingBavaria die komplette bayerische Alpenkette auf dem Maximiliansweg über 375 KM von Lindau nach Berchtesgaden gelaufen.
Neben seiner redaktionellen Arbeit ist Denis Wischniewski als Moderator von Trail TV aktiv und engagiert sich für die Trailrunning-Community in Deutschland. Er bezeichnet sich selbst als ‚aktiven Journalisten‘.
Dieses Interview gibt es auch als Podcast zum Anhören:
Du lebst seit 5 Jahren hier bei uns in Unterwössen. Was macht das Achental für dich persönlich zu einem besonderen Ort für Trailrunner?
Ich arbeite in Unterwössen und recherchiere, schreibe und layoute hier in der Redaktion. Ich merke, dass mir die Ruhe bei meiner kreativen Arbeit guttut.
Ein zweiter Aspekt ist, dass ich hier nicht nur arbeiten, sondern auch perfekt meinen Sport machen kann. Es war auch mein Anspruch, dass ich von der Haustür weg meinen Sport ausüben kann, ohne in ein Auto zu steigen. Ich habe den Luxus, dass ich mir überlegen darf: Renne ich auf den Hochgern, laufe ich auf die Hochplatte oder auf die Gscheurerwand oder Richtung Geigelstein. Ich fühle mich sehr privilegiert hier.
Welche Strecken oder Gipfel im Achental empfiehlst du Trailrunning-Einsteigern und welche für erfahrene Läufer?
Die Wege, die es hier gibt, die ausgeschildert sind und auch auf eurem Tourenportal zu finden sind, die sind völlig ausreichend für uns Trailrunner. Es sind schöne Steige dabei. Es gibt für Anfänger großartige Halbhöhenwege hier, z.B. rüber zum Kaiserblick Richtung Marquartstein und zurück. Da hat man ein paar Höhenmeter und ein wunderbares Panorama. Wenn man etwas weiter will, dann kann man auf den Hochgern hoch und wieder runter. Das ist bis zum Gipfel eine ordentliche Distanz, fast 20 km und ist schon fast ein Halbmarathon. Vom Anspruch und vom Gelände ist hier aber niemand überfordert.
Du bist Tausende Kilometer gelaufen. Was unterscheidet das Trailrunning in unserer Region von anderen Gegenden?
Es gibt schon Unterschiede. Was hier einfach wertvoll ist, ist die Ruhe. Wenn es jetzt nicht gerade ein Wochenende bei bestem Wetter zum Start der Wandersaison ist oder im Wanderherbst, dann ist man oft auf Strecken ganz allein unterwegs und hat Ruhe. Es ist kein Vergleich zu Regionen wie dem Tegernsee, Schliersee oder Garmisch am Wochenende. Das Achental ist zudem nicht so eng. Man kann durchatmen und bekommt Luft.
Es ist weitläufig und man kann alles zu Fuß erreichen. Das macht es so attraktiv.
Wie können Einheimische und Gäste sicher und nachhaltig auf den Trails unterwegs sein? Gibt es Regeln oder Empfehlungen, die dir wichtig sind?
Das Schöne am Trailrunning-Sport ist, dass man nicht so viel Ausrüstung braucht, um anzufangen. Zum Einstieg reicht normale Sportbekleidung. Trailrunning Schuhe mit Profil sind wichtig im Gelände, damit man guten Grip hat, nicht ausrutscht und sich nicht verletzt. Ein guter Schuh ist unerlässlich. Man sollte ausreichend Getränke dabeihaben. Da man im Sommer nicht überall Trinkwasser findet, sollte man in jedem Fall einen Laufrucksack dabeihaben, in dem man die Getränke verstauen kann. Sobald man Höhenmeter bewältigen möchte, machen Stöcke Sinn. Die sind heute sehr leicht und faltbar. Wenn man sie beim Runterlaufen nicht mehr braucht, verstaut man sie ganz einfach im Rucksack.
Du bist bestens vernetzt in der Trailrunning-Szene: Wie siehst du die Entwicklung des Trailrunnings in Deutschland und speziell im Chiemgau?
Die Entwicklung der Sportart Trailrunning in den 10 letzten Jahren ist eine absolute Erfolgsgeschichte. Wir sehen das bei den Teilnehmerzahlen der Events, das sind Steigerungen um 1000% und mehr. Es sind Events, da haben vor ein paar Jahren ein paar Hundert Leute mitgemacht und heute sind 3000 – 4000 Menschen am Start. Das ist eine sehr schöne Entwicklung. Ich sehe auch selbst immer mehr Menschen, die mir rennend am Berg entgegenkommen. Das war vor 15 Jahren noch anders.
Mit dem Chiemgau Trailrun in Marquartstein gibt es hier auch jährlich ein großes Event, zu dem viele Menschen anreisen und teilnehmen, bzw. als Begleitung mit dabei sind. Die Teilnehmer kommen auch vorher schon hierher und schauen sich die Strecken an oder lernen unsere Region durch so ein Event kennen. Manche kommen wieder für ein Wochenende oder gar eine Trainingswoche. Das Achental ist ja sehr gut, auch öffentlich, erreichbar. Es gibt für alle Leistungsklassen Wege, die man laufen kann. Ich hoffe, dass gerade die jüngere Generation durch den Sport die Gegend hier für sich entdeckt.
Ich möchte noch ergänzen, dass wir leise und unauffällig unterwegs sind und niemanden stören. Es passiert auch weniger, da die Sportler in der Regel eine gute Körperwahrnehmung haben, fit und trainiert sind.
Was bedeutet dir das Laufen abseits der Straße? Ist es für dich eher Sport, Meditation oder Naturerlebnis?
Es ist tatsächlich von allem etwas. Trailrunning ist nur ganz oberflächlich Sport. Es ist vielmehr zur Ruhe kommen, Wahrnehmen, Beobachten, Freude und manchmal auch Unterhaltung mit den anderen Sportlern. Ich habe Phasen, da laufe ich allein mit meinem Hund. Dann laufe ich auch wieder gerne in einer Gruppe.
Was bedeutet für dich Heimat?
Heimat ist mit Unterwössen ein Ort, den wir vor fünf Jahren gefunden haben und der langsam zu unserer Heimat wurde. Mittlerweile haben wir hier jetzt ein Heimatgefühl.
Ich fühle mich hier sicher und geborgen. Heimat ist für mich ein Ort, an dem ich so sein kann, wie ich bin.
Was ist für dich „Typisch Achental“?
Typisch Achental ist für mich die Ruhe hier. Und das weitläufige Tal umgeben von Bergen, ohne Enge.
Wo ist dein Lieblingsplatz im Achental und warum?
Mein Lieblingsplatz ist die Gscheurerwand. Ich liebe den Weg hoch und den Blick über das Tal und die Berge. Von der Haustür bin ich in 45 Minuten dort oben.
Welches ist dein liebster Brauch oder deine liebste Tradition?
Eine schöne Tradition ist der Almauftrieb. Für uns Sportler bedeutet das, dass jetzt der Sommer losgeht und die Almhütten wieder öffnen. Es ist für uns Sportler wichtig, dass wir uns unterwegs verpflegen können. Wenn wir lange Läufe machen, dann kehren wir gerne ein und essen einen Kaiserschmarrn oder Almkuchen.
Was ist ein perfekter Tag für dich im Achental?
Mein perfekter Tag im Achental ist lang. Ausschlafen bis 9 Uhr, dann Frühstücken mit meiner Frau, Laufklamotten anziehen, einen langen Lauf machen mit einer Einkehr zur Almbrotzeit. Dann so richtig müde und erledigt heimkommen (kaputt sagt man bei uns). Dann Kaffee und Kuchen und dann am Abend bei uns auf dem Balkon ein Absacker trinken und beobachten, wie die Sonne an der Hochplatte untergeht.
Meine Frau ist keine Trailrunnerin, aber sie wandert gerne. Mein Tipp an Paare ist, dass man sich dann trotzdem auf einer Alm treffen kann. Wir machen das öfters so.
Welches ist dein bayerisches Lieblingswort? Und was bedeutet es?
Was ich mag, ist abends im Supermarkt der fröhliche Gruß: ‚An scheene Aufnacht‘.
Kurze Fragen zu Kulinarik in Bayern:
Bosna oder Weißwurst? Bosna vegetarisch
Leberknödel oder Spinatknödel? Spinatknödel
Schweinsbraten oder Chiemseerenke? Renke
Rennradl oder Bergradl? Rennradl
Berggipfel oder Bergsee? Berggipfel
Alpinski oder Nordicski? Alpinski/Tourenski
Was ist dein Lebensmotto?
Mein Lebensmotto ist: ‚Leben und leben lassen‘.