Auf a Wort im Achental mit Stephi Dewitz
Das traditionelle Wössner Seeräuberspiel mit großem Festzug wird nur alle fünf Jahre aufgeführt, und im Fasching 2025 ist es endlich wieder so weit: Am Samstag, den 1. März, findet das große Seeräuberspiel in Unterwössen statt.
Wir haben Stephi Dewitz, 2. Vorsitzende beim Verein Wössner Seeräuberspiel, im August 2024 zum Interview getroffen.
Das Interview gibt es auch als Podcast zum Anhören:
Was ist die Geschichte hinter dem Seeräuberspiel und wie ist es entstanden?
Der Sage nach haben die Ungarn im Chiemseegebiet und auf der Fraueninsel Raubzüge verübt, sie haben das Land und die Bevölkerung in Schrecken versetzt und mit Feuern gewütet. Es gab einen Ritter auf der Rettenburg hier bei uns in der Region, der dann ein Heer aufgestellt hat und die Ungarn, die eigentlich Hunnen waren, erfolgreich in die Flucht geschlagen hat. Die Ungarn waren damals mit einem Holzschiff auf dem Chiemsee unterwegs. Nach der gelungenen Schlacht und der Vertreibung der Ungarn haben die Wössner Seeräuber das Holzschiff über die Ache nach Unterwössen gebracht.
Wie oft findet das Seeräuberspiel seit wann statt?
Der Verein wurde 1999 neu gegründet. Der Plan war, das Spiel alle fünf Jahre stattfinden zu lassen. Zuletzt im Jahr 2020 und dann turnusgemäß in 2025, also nächstes Jahr.
Wie kam es dazu, dass du aktiv beim Seeräuberspiel dabei bist?
Ich war lange Jahre aktiv bei der Musikkapelle Wössen. Nachdem ich dann mehrere Jahre dort als Marketenderin dabei war, wollte ich weiterhin aktiv bei einem Wössner Verein dabei sein. Ich habe mir bewusst den Seeräuberverein ausgesucht. Das ist ein Ereignis, das man schon als Kind kennt. Das ist was ganz Besonderes.
Wer sind die Mitwirkenden beim Wössner Seeräuberspiel?
Teilnehmende sind wir zwischen 600 und 650 Personen.
Unzählige helfen im Hintergrund. Im Jahr 2020 wurde geschrieben, dass wir um die 10.000 Zuschauer hatten.
Was erwartet die Zuschauer beim Wössner Seeräuberspiel?
Es wird zwischen der Achentalhalle und dem Kirchplatz einen Festzug mit zwei Zügen geben, einstudierte Tänze und abends gibt es eine Party in der Achentalhalle – es ist ein einzigartiges Ereignis. Ich vergleiche es gern mit der Landshuter Hochzeit.
Wer sind die Förderer?
Wir finanzieren uns durch unsere Mitglieder und bekommen ganz viel Unterstützung von ortsansässigen Unternehmen, nicht zuletzt von der Gemeinde. Wir werden auch gefördert von Privatpersonen im Kleinen wie im Großen.
Wann beginnen die Vorbereitungen und die Proben für das Seeräuberspiel 2025?
Mit der Grobplanung fangen wir schon zwei Jahre im Vorfeld an. Intensiver wird es dann ein gutes Jahr davor: Die Halle muss gebucht werden, die Musikkapellen, die Straßensperrungen, die Gastro. Die Proben für die Tänze beginnen nach den Sommerferien – also ein gutes halbes Jahr für die Aufführungen. Richtig intensiv sind dann die drei Monate vor dem Termin.
Wo kommen die historischen Kostüme her?
Zur ersten Wiederaufführung im Jahr 2001 haben wir viele Kostüme aus dem Fundus des Theaters am Gärtnerplatz in München bekommen. Die Kostüme geschneidert hat zu Beginn ein Herrenschneider. Hilde Dufter aus Unterwössen hat einen großen Teil unsere Kostüme geschneidert.
Was motiviert die Teilnehmenden, alle fünf Jahre wieder dabei zu sein und was macht das Spiel für Zuschauende besonders sehenswert?
Das Seeräuberspiel ist einzigartig. Jeder von uns, der in Unterwössen aufgewachsen ist, ist mit dem Seeräuberspiel groß geworden. Jeder weiß, es ist was Besonders. Es ist fast ein Selbstläufer. Wir finden für jeden, der mitmachen möchte, eine Rolle. Aktuell haben wir noch 1-2 Gruppen nicht besetzt. Wer also dabei sein möchte, kann sich gerne bei Michael Frank oder mir melden.
Was bedeutet für Dich Heimat?
Mit dieser Frage habe ich mich lange im Vorfeld zu unserem Gespräch beschäftig. Heimat sind für mich kleine Momente. Es sind Situationen, wie das Grüßen auf der Straße, oder die Begegnung mit meiner Kindergärtnerin, die mich immer noch beim Namen kennt. Es sind diese kleinen Momente, die ein Heimatgefühl bei mir auslösen.
Was ist für Dich „Typisch Achental“?
Zum einen das Begrenzte durch die Berge und zum anderen diese Weite, wenn man zu Chiemsee rausfährt.
Wo ist Dein Lieblingsplatz im Achental und warum?
Mein Lieblingsplatz ist bei mir immer irgendwo an einem Gipfel – am liebsten allein. Man schaut in die Ferne, genießt das Panorama, macht Brotzeit, bevor man wieder ins Tal geht oder im Winter auf Tourenski runterfährt.
Welche ist Deine liebste Tradition?
Ich liebe die Tradition bei Hochzeiten, wenn in der Früh geschossen wird. Wenn die Spezl und Freunde kommen und die Braut und den Bräutigam wecken, wenn der Türkranz abgenommen und verbrannt wird und die Jungs über das Feuer hupfen. Das ist ein schöner Brauch, und der ist bei uns relativ einzigartig.
Welches ist Dein bayerisches Lieblingswort? Und was bedeutet es?
Ich habe kein bayerisches Lieblingswort. Ich bin aber ein großer Fan der doppelten Verneinung, z.B.: „Des ham mir noch nia ned so gmacht.“
Kurze Fragen zu Kulinarik in Bayern:
Bosna oder Weißwurst? Beides
Leberknödel oder Spinatknödel? Spinatknödel
Schweinsbraten oder Chiemseerenke? Schweinsbraten
Berggehen oder Bergradeln? Beides und Trailrun
Berggipfel oder Bergsee? Beides nacheinander
Alpinski oder Nordicski? Skitouren und Skaten
Was ist Dein Lebensmotto?
Kriagn ma scho.