Schutz der Wildtiere im Achental: Sportliche Aktivitäten im Einklang mit der Natur

Es hat endlich wieder geschneit – und was für Wintersportler ein Grund zur Freude ist, stellt Tiere in den höheren Lagen vor große Herausforderungen. Denn auch wenn Wildtiere extrem angepasst sind an ihren kargen Lebensraum oben in den Bergen und Strategien entwickelt haben, mit den rauen Bedingungen im Winter zurechtzukommen, kann jede Störung und jedes Aufschrecken lebensbedrohlich sein. Das gilt besonders für diejenigen Raufußhühner, die im Achental und in den gesamten Chiemgauer Alpen beheimatet sind wie das Haselhuhn, das Auerhuhn und das Birkhuhn. Neben den Raufußhühnern sind auch der Schneehase sowie Rot- und Gamswild in der Winterzeit besonders schützenswert – und alle Menschen, die im Winter in den Bergen unterwegs sind, sollten verantwortungsvoll mit dem entsprechenden Verhalten und der Rücksichtnahme auf die Überwinterungsgebiete der Tiere dafür Sorge tragen, dass Wildtiere nicht gestört werden.

Unterwössen, 11. Januar 2024.   Die Menschen haben auch im Winter ein zunehmendes Bedürfnis nach Naturerlebnissen in spektakulären, am besten unberührten Landschaften – und sind von der Morgendämmerung bis spät in die Nacht mit starken Stirnlampen unterwegs. Das gilt dabei nicht nur für Tagestouristen oder Urlaubsgäste – Einheimische kennen natürlich die besten Spots, Steige und Wege. Für den Wanderer ist es ein toller abseitiger Wanderweg, für Wildtiere ist es der Lebensraum, in den der Mensch eindringt und die natürlichen Ruhe- und Schlafphasen der Tiere stört.

Um zu überleben, müssen Raufußhühner und andere Wildtiere in der kalten Jahreszeit so viel Energie sparen wie möglich – und reduzieren ihren Energiehaushalt auf ein Minimum: Sie vermeiden unnötige Aktivitäten. Werden sie gestört, muss ihr Stoffwechsel für die Fluchtreaktion in kürzester Zeit auf Höchstleistung hochfahren, sie verbrauchen viel wertvolle Energie – und diesen Energieverlust wieder auszugleichen, ist für die Wildtiere unter den extremen Bedingungen des Winters sehr schwierig. Wenn sie innerhalb kurzer Zeit öfter aufgeschreckt werden, können die Wildtiere ihren Energiehaushalt nicht mehr durch Nahrungsaufnahme auffüllen. Dann zeigt sich im darauffolgenden Frühjahr: Die Tiere sind zu schwach, um sich fortzupflanzen, einige von ihnen sterben sogar, weil sie so geschwächt sind, dass sie für Fressfeinde leichte Beute darstellen. Bei wiederholter, unvorhersehbarer Störung fühlen sich Wildtiere verunsichert und verlassen ihre gewohnten Einstands-, Futter-, Balz- oder Nistplätze. Dadurch geht wertvoller Lebensraum verloren und die Tiere werden in weniger geeignete Areale abgedrängt.

Damit es mittel- und langfristig nicht zu einem Rückgang der Biodiversität des alpinen Lebensraumes kommt, müssen die direkten Belastungen für Flora und Fauna durch einfache Regelungen möglichst gering gehalten werden. Die Menschen, die sich im Winter in den Bergen aufhalten, sollten ihre Rolle als Störungsauslöser verstehen und auch bereit sein, sich an die Maßnahmen zum Schutz der Tiere zu halten.

Seit nun mehr 20 Jahren beschäftigt sich die Gebietsbetreuung Achental mit der Besucherlenkung in den wertvollen, sensiblen Naturräumen des Achentals. Hierzu gehören unter anderem auch die Betretungsregeln des Naturschutzgebiets Geigelstein für Skitourengeher und Schneeschuhwanderer.

„Durch Aufklärung vor Ort und in den örtlichen Medien konnte erfreulicherweise eine breite Akzeptanz der Nutzer für diese Regeln geschaffen werden. In den letzten Jahren entstehen jedoch durch Soziale Medien immer wieder neue Nutzungstrends in der unberührten Natur, sodass eine kontinuierliche Anpassung der Aufklärungsmaßnahmen an die neuen Nutzungsgewohnheiten und die dadurch verursachten Schäden (z. B. durch Skitouren in der Nacht) notwendig ist“, so Magdalena Bahr vom Ökomodell Achental.

Hannes Höglauer ist Jagdpächter der Gemeindejagd Marquartstein und Unterwössen und Hegeringleiter – er und die Jäger in der Umgebung kümmern sich darum, dass genügend Futterplätze für Rot- und Rehwild bereitstehen. „Wir suchen dafür ruhige Plätze, an denen das Wild nicht von Wanderern oder Skitourengehern gestört wird – sofern diese die ausgeschilderten Wege nicht verlassen. Wird das Wild besonders im Winter beim Fressen gestört, kommt es auch zu vermehrtem Verbiss – besonders im Schutzwald und beim Waldumbau ist das ein großes Problem.“

Tourismus und sportliche Aktivitäten können natürlich auch im Einklang mit der Natur und ihren Gegebenheiten stattfinden – durch Besucherlenkung und ein paar Regeln, die von den Wintersportlern und Berggehern beachtet werden sollen:

Winterruhezonen und Wildfütterungsbereiche dürfen nicht betreten werden – sowohl beim Wandern als auch beim Touren- oder Schneeschuhgehen ist es unerlässlich, auf den ausgeschilderten Wegen und Routen zu bleiben. Lichtstarke Stirnlampen irritieren die Tiere, deren Ruhezeiten während der Dämmerungsphasen stattfinden. Hunde müssen unbedingt angeleint werden, damit sie Wildtiere, die sich an ihre Ruheplätze zurückgezogen haben, nicht aufschrecken.

„Das Achental mit seinen einzigartigen natürlichen Gegebenheiten ist unser Kapital – unsere Gäste wissen die Natur und auch die Unberührtheit der Region sehr zu schätzen. Das gilt es zu erhalten, und zwar nicht nur aus touristischer Perspektive, denn auch die Einheimischen nutzen die Infrastruktur der Berge für sportliche Aktivitäten“, so Elisabeth Keihl, Vorstand Achental Tourismus.

Infomaterial zu naturverträglichen Skitouren im Winter sowie zu den einheimischen Wildtieren gibt es in der Geschäftsstelle des Ökomodell Achental sowie in der TI des Achental Tourismus in Unterwössen. Im Naturschutzgebiet Geigelstein sind die offiziellen Skirouten auf Tafeln ausgewiesen.

 

Die Pressemitteilung als pdf-Dokument zum Download:

2023_01_12_PM Schutz von Wildtieren im Achental