Mehr als „nur“ Theater: Zeitlos und im Brauchturm fest verwurzelt – Das Wössner Bauerntheater bringt „Die G’spenstermacher“ auf die Bühne

Unterwössen (ta) – Nein – daraus mag sie kein Hehl machen: „Wir sind da konsequent – wir spielen in unserer Sprache für unsere Einheimischen“. Claudia Schweinöster leitet das Wössener Bauerntheater und ist als Schauspielerin Teil des Ensembles, das in Unterwössen ab Mitte Oktober 2022 das Stück „Die G`spenstermacher“ auf die Bühne bringt. Und zwar in „unverfälschtem Bayerisch“, wie Claudia Schweinöster nachdrücklich betont. Nicht, dass Gäste aus dem Norden, Westen oder Osten des Landes nicht willkommen wären. „Aber in Sachen Mundart machen wir keine Abstriche, keine Kompromisse, kein „weichgespühltes Wohlfühl“-Bayerisch, wie es anderswo praktiziert wird. Beim Kauf einer Eintrittskarte gibt es eben keine Garantie, dass jeder versteht, was unsere Schauspieler in ihrem Dialekt sprechen. Unser Bauerntheater steht für unsere Lebensart, ist tief verwurzelt und Teil des Brauchtums“, so Claudia Schweinöster, die das Theater auch als Visitenkarte für Unterwössen verstanden wissen will. Ein Theater als Inbegriff einer eigenen Identität für ein Dorf? „Unbedingt“, so die Spielleiterin. „Bauerntheater – das gehört einfach dazu. Und das ist keine Veranstaltung, die einem Trend folgt, ist keine Modeerscheinung. Bauerntheater war immer schon!“ Welche Überschrift sie sich zur Premiere wünscht? „Wir sind wieder da!“

Und Premiere der „G`spenstermacher“ ist am 15. Oktober – im „Alten Bad“ in Unterwössen wird mit Hochdruck letzte Hand am Bühnenbild angelegt. Seit rund drei Monaten laufen die Proben – jetzt wird es langsam ernst. Sieben Spieler, die von zwei Souffleusen unterstützt werden, wenn den Schauspielern die passenden Worte partout nicht einfallen wollen. Dann die Helfer vor und hinter der Bühne, ohne die nichts geht. Nachwuchsprobleme? „Nicht wirklich“, meint Claudia Schweinöster. Für das neue Stück habe man zwei junge Schauspieler gewinnen können, die ihre Sache „richtig großartig“ machen. Passend: die beiden „Neuen“ spielen auf der Bühne ein junges Liebespaar. Außerdem konnte eine erfahrene Schauspielerin gewonnen werden, die bislang in einer Nachbargemeinde Theater gespielt hat und das Ensemble großartig verstärkt. Neue Gesichter, die sich zum Schauspiel hingezogen fühlen, seien jederzeit herzlich willkommen.

Sechs Vorstellungen liegen vor dem Ensemble. Und jeden Abend sind 150 Plätze im neuen Spielort in Unterwössen zu füllen. Respekt ja – mit einer gehörigen Portion Lampenfieber. Angst vor leeren Plätzen dagegen nicht. „Wir wissen aus erster Hand, dass unsere Mitbürger auf ein Wiedersehen mit ihrem Bauerntheater geradezu hin fiebern. Auch die jungen Theaterbesucher – die vielen Kinder, für die in den ersten Reihen eigens Stühle aufgestellt werden und die sich von der Faszination des Theaters förmlich mitreißen lassen. „Man sollte Kinder nicht unterschätzen – die halten die zweieinhalb Stunden Spielzeit mit Pause meist sehr diszipliniert durch“, so die Spielleiterin, die das Stück für Kinder ab dem 12. Lebensjahr empfiehlt.

Durch den Umbau im „Alten Bad“ und Corona-bedingt war das Wössener Bauerntheater mit einer Zwangspause von fünf Jahren konfrontiert worden. Eine größere Unterbrechung gab es seit 1983 nicht mehr, als das Theater wieder gegründet wurde – als Teil des Trachtenvereins „D’Achentaler“ Unterwössen. Und seit der Wiedergründung wurde fast jährlich ein neues Stück in Szene gesetzt. Klassisches Bauerntheater – aufgeführt zumeist von Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt in Unterwössen haben. Honorar für die Schauspieler? „Nicht der Rede wert – wir spielen aus Lust an der Freude, weil es uns Spaß macht. Mit den Einnahmen decken wir unsere Kosten, finanzieren wir die neuen Projekte.“ Die Gemeinde spielt mit – sie unterstützt den Neustart im „Alten Bad“ nach Kräften.

Die Handlung des aktuellen Spiels „Die G’spenstermacher“ ist schnell erzählt: In der heruntergekommenen Dorfschenke der Wirtin Rosa Moderer im Moorthaler Moos treffen skurrile Gestalten aufeinander. Die Brüder Schippe und Schaufe, die sich als Totengräber gerade so durchs Leben bringen können, der Dorfverrückte Ignaz, die reiche Witwe und Ziefern Vevi Veichtl, ihr Knecht Leo, der Schuaster-Jackl und die junge Lena. Eines Tages müssen die beiden Graberer erfahren, dass zukünftig ihr Gehalt gestrichen und nur noch eine Prämie pro Begräbnis gezahlt wird. Mehr Tote, mehr Geld… Eine Flasche Gift lässt schnell finstere Gedanken aufkommen. Ein Fluch tut sein weiteres und fidele Gespenster geistern durchs Dorf.

Das Stück stammt übrigens aus der Feder von Ralph Wallner, der zu den meistgespielten Theaterautoren Süddeutschlands zählt. Das Stück feierte im Jahre 2011 Premiere und begeistert seitdem das Publikum zahlreicher Bühnen. In der Aufführung des Chiemgauer Volkstheaters wurden „Die G’spenstermacher“ im Sommer 2017 vom Bayerischen Fernsehen ausgestrahlt.

Wie geht es weiter – was kommt nach den „G´spenstermachern“? Claudia Schweinöster zögert. Zuerst einmal die kommenden Aufführungen meistern. „Wir wollen unsere Zuschauer unterhalten, Freude vermitteln und ablenken von dem, was gerade viele von uns beschäftigt: Krieg in der Ukraine, Energiekrise, Inflation und all die anderen Krisen. Und ehrlich – wir spielen, weil wir als Schauspieler selbst Freude daran haben, auf der Bühne zu stehen“. Dennoch – so viel traut sich die Spielleiterin vor der bevorstehenden Premiere zu verraten: „Ein besonders herausragendes Stück war und ist für uns Theaterer „S’Goldloch“ von Gustl Färbinger. Dieses Stück wurde bereits dreimal gespielt. 1985 war die Uraufführung und 1991 wurde das Stück wieder aufgeführt. 2003 wurde „S’Goldloch“ dann als Freilichtaufführung am Musikpavillon gespielt. Und dann vielleicht im kommenden Jahr im „Alten Bad“.

Das Stück „Die G`spenstermacher“ steht vom 15. bis 31. Oktober auf dem Spielplan des Wössner Bauertheaters. Beginn der Vorstellungen im „Alten Bad“ in Unterwössen ist jeweils um 20.00 Uhr, Einlass ab 19.00 Uhr. Karten sind bei den Tourist-Infos im Achental zum Preis von 11,50 € erhältlich.